Ein ganz wesentlicher Punkt, in dem sich Unternehmen und politische Organisationen unterscheiden, ist der Umstand, dass Leute, die in einem Unternehmen arbeiten, ausnahmslos dafür bezahlt werden.
Personelle Ressourcen einer politischen Partei speisen sich vor allem aus drei verschiedenen Quellen: Mandatar*innen, angestellten Mitarbeiter*innen und ehrenamtlichen Aktivist*innen, die Parteimitglieder sein können, aber nicht müssen. Diese haben jeweils unterschiedliche Motivationen und Interessen, und ihre Bindung an die Organisation ist unterschiedlich stark.
Die Größe der Mitarbeiterstäbe kann an den Personalaufwendungen abgelesen werden. Die österreichischen Parteien unterscheiden sich hier deutlich, sowohl was die verfügbaren Budgets als auch den Anteil daran, der für Personal und Infrastruktur aufgewendet wird, betrifft. Dazu kommen Angestellte der Parlaments- und Landtagsklubs, allerdings verbietet das Gesetz „lebende Subventionen“ der Klubs an die Parteien.
Mit bezahlten Mitarbeiter*innen alleine kann keine Partei ihre Aufgaben stemmen. Die Mitarbeit von Freiwilligen ist essenziell, wenn es darum geht, außerhalb der Büros und Parlamente mit Menschen in Kontakt zu sein, Aktionen auf die Straße zu bringen, in Wahlkämpfen die Positionen der Partei zu vertreten und so weiter. Im Gegenzug erhalten die Aktivist*innen Zugang zu Mandatar*innen und in einigen Parteien auch die Möglichkeit, Wahllisten zumindest mitzubestimmen, und sie können auch selbst zu Wahlen antreten. In den Gemeinden gibt es eine Art „Clubleben“, wo Gleichgesinnte einander treffen und austauschen können.
Gleichzeitig sind Parteien aber auch, was Hubert Sickinger als „spezialisierte Agenturen des Machterwerbs“ beschreibt, und aus dieser hybriden Natur ergibt sich ein Spannungsfeld, das überwunden werden muss.
Ein wichtiger Aspekt ist ganz banal die Zeiteinteilung. Hauptamtliche Mitarbeiter*innen haben ein Interesse an geregelten Arbeitszeiten, ehrenamtliche haben einen Brotberuf und stehen daher nur in relativ geringem Umfang zur Verfügung, und zwar genau nicht dann, wenn Hauptamtliche regulär arbeiten. Jede Terminfindung ist daher ein Kompromiss. Abend- und Wochenenddienste sind eher die Regel als die Ausnahme und haben auch Auswirkung auf die Kostenstruktur solcher Projekte. Zudem kann die Partei ihren Aktivist*innen keine Dienstanweisungen erteilen, sie können jederzeit selbst entscheiden, ob sie eine Aufgabe erledigen oder an einem Treffen teilnehmen. Die Verantwortlichen der Partei müssen daher immer überlegen, in welchem Ausmaß ehrenamtliche Mitarbeit zu erwarten ist. Aufgaben, die unbedingt erledigt werden müssen, können nur in Ausnahmefällen im ehrenamtlichen Bereich verbleiben.
Und dann gibt es noch die dritte Gruppe, Mandatar*innen und sonstige Handelnde, die öffentliche Ämter innehaben. Die Klubs und Fraktionen von den Gemeinderäten bis ins Parlament koordinieren deren Aktivitäten, stehen aber nicht automatisch im Austausch mit der ehrenamtlichen Ebene. Dieser Austausch muss hergestellt und gepflegt werden, wenn er stattfinden soll. Abgeordnete haben keine geregelten Arbeitszeiten und können sich daher leichter auf die Bedürfnisse von Ehrenamtlichen einstellen, andererseits erschwert die schlichte Fülle an Terminen und Aufgaben hier die Koordination.
Inwiefern und in welchem Ausmaß einfache Parteimitglieder oder -aktivist*innen überhaupt Zugang zu Mandatar*innen haben, unterscheidet sich in verschiedenen Parteien stark. Das hängt von der Größe der Organisation ebenso ab wie von der Organisationsform (Wie flach sind die Strukturen? Wie ausgeprägt sind die horizontalen Strukturen etwa über Teil- und Vorfeldorganisationen?) und der Kultur. Auch bei kürzesten Wegen lässt sich nicht vermeiden, dass Mandatar*innen einen wesentlich höheren Einfluss und auch viel leichteren Zugang zu Informationen haben. Dafür gibt es mannigfaltige Gründe. Mandatar*innen können sich Vollzeit mit Politik beschäftigen, haben Zugang zu Dokumenten und anderen Informationen, die zum Teil dem Amtsgeheimnis unterliegen, und bekommen auch eigene Schulungsprogramme, die nicht allen offen stehen. Es ist daher nicht ganz leicht, Debatten auf Augenhöhe zu organisieren.
Natürlich kann die Partei selbst entscheiden, ob sie das überhaupt will. Je demokratischer sie im Inneren organisiert ist (anders als in Deutschland macht das österreichische Parteiengesetz hier kaum Vorgaben), desto eher wird ihr das ein Anliegen sein. Mandatar*innen, die sich einer parteiinternen (Wieder)wahl stellen müssen, haben schon dadurch ein großes Interesse, parteiintern auch zwischen den Wahlen präsent zu sein.
Eine wesentliche Rolle haben dabei auch die (separat geförderten) Bildungsinstitute. Deren wichtigste Aufgabe besteht darin, dem politischen Personal das Handwerkszeug für ihre Arbeit mitzugeben. Dafür bekommen sie eigene Förderungen vom Staat, und das schließt auch die „Nachwuchsarbeit“ und die gezielte Vernetzung aller Ebenen mit ein.
Dennoch, ganz schließen lässt sich der Spalt zwischen den verschiedenen Formen der Mitarbeit, der ja inhärent angelegt ist, nie. Den Parteien bleibt nur, laufend zu beobachten, wie er sich im Moment auswirkt, und darauf mit jeweils innovativen Formaten zu reagieren, bevor daraus manifeste Probleme entstehen.